Die katholische Kirche spricht nicht leichtfertig von Wundern. Wo sie es tut, geschieht es nach jahrelanger, gewissenhafter Prüfung durch unabhängige Ärzte, kirchliche Gutachter und kanonische Kommissionen. Ein solches Wunder wurde am 28. Juni 1961 offiziell anerkannt: die Heilung der Deutschen Thea Angele aus Tettnang in Lourdes. Durch ein Dekret des Bischofs von Lourdes, Msgr. Pierre-Marie Théas, wurde diese Heilung als die fünfundfünfzigste kirchlich anerkannte Wunderheilung bestätigt. Namen, Orte und Daten sind historisch dokumentiert, medizinische Gutachten liegen vor, und die Heilung wurde von unabhängigen Ärzten als wissenschaftlich unerklärlich bestätigt. Maria erschien Lourdes, im Jahr 1858 dem 14 jährigen Mädchen Bernadette Soubirous. Seitdem geschehen dort viele Wunder und unerklärliche Heilungen.
Ein junges Leben zerbricht
Thea Angele, geboren und wohnhaft in Tettnang in Oberschwaben, war im Jahr 1944 als Stenotypistin im Landratsamt tätig. Sie war gesund, fröhlich, sportlich – „immer lachend und guter Dinge“. Doch dann kam die Krankheit. Zunächst wurden ihr „die Finger auf den Tasten schwer“, bald konnte sie ihre Arbeit nicht mehr ausführen. Die Diagnose war eindeutig und niederschmetternd: Multiple Sklerose, ein organisches Nervenleiden, damals wie heute als unheilbar bekannt. Die Krankheit schritt rasch voran.
Schon bald war Thea vollständig gelähmt, das Bewusstsein schwand, die Stimme verstummte. Schließlich konnte sie nur noch künstlich ernährt werden. Ihr behandelnder Arzt, Dr. Kohler, pflegte sie aufopfernd – doch medizinisch war keine Hoffnung mehr. Er selbst wusste, dass er „auf verlorenem Posten“ stand.
Hoffnung gegen jede Vernunft
Thea selbst jedoch gab nicht auf. Geduldig und still trug sie ihr Leiden. Ihre Hoffnung richtete sich nicht auf medizinische Heilung, sondern auf Trost und Kraft. Das französische Lourdes wurde ihr inneres Ziel. Nach menschlichen Maßstäben war es Wahnsinn, sie reisen zu lassen. Doch neben ihrem Bett stand über Jahre ein kleiner Bettelkasten mit der Bitte: „Wer verhilft mir zur Wallfahrt nach Lourdes?“
Am 17. Mai 1950 kam sie schließlich in Lourdes an – sterbend, ein Meter fünfundsechzig groß und nur noch 68 Pfund schwer. Noch am selben Tag empfing sie die letzte Ölung. Bischof Théas besuchte sie persönlich – „eine Sterbende“.
„Ich weiß, am Samstag hilft mir die Mutter Gottes!“
Trotz ihrer Schwäche wurde Thea am nächsten Tag zur Quelle gebracht. Man badete sie im 14 Grad kalten Wasser. Dramatische Stunden begannen. Nach dem ersten Bad schien sich ihr Zustand zu bessern – oder war es Einbildung? Beim zweiten Bad verschlechterte er sich erneut. Tapfer nahm sie dennoch an der Sakramentsprozession teil. Ihrer Schulfreundin, die allein ihr mühsames Gestammel verstand, sagte sie voller Zuversicht: „Ich weiß, am Samstag hilft mir die Mutter Gottes!“
Das Wunder – die Heilung
Bereits am Freitag, dem 20. Mai 1950, besserte sich ihr Zustand unerwartet und grundlegend. Thea bat strahlend um ein Glas Wasser. Sie sprach wieder. Sie aß wieder. Am Samstag konnte sie Hände und Füße bewegen, am Sonntag ging sie zwanzig Meter zu Fuß in die Hauskapelle. Die Ärzte standen sprachlos. Tausende Pilger aus aller Welt waren Zeugen.
Die Geheilte selbst sagte unter Tränen: „Ich kann es nicht fassen! Nur Gott hat mir geholfen.“
Strenge Prüfung und kirchliche Anerkennung
Diese Heilung wurde nicht vorschnell als Wunder bezeichnet. Über elf Jahre hinweg unterzog sich Thea Angele wiederholt medizinischen Untersuchungen durch unabhängige Ärzte und kirchliche Gremien. Bereits am 5. Mai 1950 hatte Bischof Théas eine Kanonische Kommission eingesetzt. Am 27. Juni 1961 wurde der Abschlussbericht vorgelegt. Einen Tag später verkündete der Bischof offiziell:
„Wir erklären, dass die Heilung von Thea Angele, als Ordensfrau Sr. Maria Mercedes, geschehen in Lourdes am 20. Mai 1950, wunderbar ist und zuerkannt werden muss einer besonderen Machtkundgebung der Allerseligsten Jungfrau Maria, der Unbefleckten und Gottesmutter.“
Damit war die Heilung kirchlich, medizinisch und historisch zweifelsfrei anerkannt. Aus tiefer Dankbarkeit kehrte Thea Jahr für Jahr nach Lourdes zurück. 1955 blieb sie dort. Sie trat in den Orden der Unbefleckten Empfängnis ein und nahm den Namen Schwester Maria Mercedes an.
Diese Heilung ist kein Mythos, keine fromme Legende. Sie ist überliefert, dokumentiert, geprüft und geglaubt – ein Zeichen dafür, dass Gott auch heute wirkt, dort, wo der Mensch nichts mehr vermag.
Quelle: Die schönsten Mariengeschichten Band 1, S. 77-79





