„Alpha-Männer“ und Andrew Tate: Eine Lösung für die Krise der Männlichkeit?

In einer zunehmend verwirrenden Zeit, in der traditionelle Geschlechterrollen und Definitionen von Männlichkeit in Frage gestellt werden, sehen sich viele Männer mit einer Identitätskrise konfrontiert. Der moderne Trend des „Alpha-Mannes“, wie er von Persönlichkeiten wie Andrew Tate propagiert wird, scheint eine schnelle Antwort auf diese Krise zu sein. 

Dominanz, Macht und physische Stärke

Dieser Trend betont Dominanz, Macht und physische Stärke als zentrale Merkmale von Männlichkeit. Aber wie sinnvoll ist diese Antwort wirklich? Und wie passt sie in das größere Bild der christlichen Lehre?

Josef Jung beschreibt in einem Beitrag für das Online-Magazin Corrigenda die gegenwärtige Verwirrung in den Beziehungen zwischen Männern und Frauen, die zum Teil durch den Versuch, die Unterschiede zu beseitigen, verursacht wurde. Diese „sozialdemokratische Gesellschaft“, wie Jung sie nennt, hat dazu geführt, dass Männer zunehmend unsicher sind, wie sie sich Frauen gegenüber verhalten sollen. Auch der Journalist Peter Hitchens beobachtet, dass junge Männer in einem „Minenfeld“ gefangen sind, in dem sie nicht wissen, wie sie ihre Männlichkeit ausdrücken und leben sollen. Diese Unsicherheit hat dazu geführt, dass sich viele Männer an Idealen wie dem des „Alpha-Mannes“ orientieren – einer Figur, die Stärke, Selbstbewusstsein und Überlegenheit verkörpern soll. Dieser Drang, sich als „Alphamann“ zu behaupten, ist eine Reaktion auf eine tiefer liegende Krise der Männlichkeit. Männer suchen nach Wegen, ihre Identität und ihren Wert in einer Welt zu definieren, die diese traditionellen Rollen zunehmend in Frage stellt.

Doch anstatt die Ursachen der Krise anzugehen, verstärkt das Alpha-Mann-Phänomen oft nur die oberflächlichen Symptome: Es fördert eine Vorstellung von Männlichkeit, die auf Macht, Kontrolle und äußerer Dominanz basiert – und vernachlässigt dabei die tieferen Werte, die wahre Stärke ausmachen.

Psychologische Grundlage der Krise

Viele der selbsternannten Alphamänner haben in ihrem Leben vermutlich selbst Verletzungen durch eine Frau erfahren, was sich in ihrem Bild von anderen Frauen widerspiegelt. Unbewusst wollen sich oft solche Männer an den „bösen“ Frauen rächen. Der Teufel nutzt diese Verletzung, um Egoismus und andere unmoralische Wünsche zu fördern. Leider fallen viele junge Männer darauf herein. Hier gibt es auch eine gewisse Überschneidungen mit den Feministen, die meist eine tiefgehende Verletzung durch die schlechte Beziehung zum eigenen Vater haben und sich eigentlich nach einer Führungsrolle des Mannes sehnen, selbst aber meinen, alles alleine regeln und unabhängig sein zu müssen. Kein Wunder, wenn der Vater das nie vorgelebt hat.

Dennoch gelten auch im katholischen Bereich gewisse Grundregeln der Anziehung zwischen Mann und Frau. Für die Frau ist es attraktiv, wenn der Mann sozialen Status verkörpert, für den Glauben brennt und sie das Gefühl hat, an einem Abenteuer teilzuhaben. Langweilige und unsoziale Männer haben eher weniger Chancen, auch bei traditionellen Frauen. Männer, die ihre Verletzungen aus der Vergangenheit reflektieren, haben übrigens eine größere Anziehungskraft auf feminine Frauen als verletzte Alphamänner. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit führt auch zu einem besseren Verständnis der Frau und stärkt die Kommunikation in der Ehe.

Als Mann müssen wir uns dennoch einen gewissen sozialen Status erarbeiten, aber wir dürfen ihn nicht zu einem Götzen machen. Gott bleibt unser erstes und letztes Ziel. Der soziale Status sollte als Mittel zum Zweck gesehen werden, um eine Familie gründen zu können. Eine Katholische Antwort: Wahre Stärke und Tugend.

In der katholischen Lehre gibt es eine tiefere und erfülltere Sicht der Männlichkeit. Im Laufe der Jahrhunderte haben die Heiligen der Kirche eine Vision von Männlichkeit entwickelt, die auf Tugend, Weisheit und Demut beruht. Der heilige Franz von Sales zum Beispiel erinnert uns daran: „Nichts ist so stark wie wahre Sanftmut, nichts ist so sanft wie wahre Stärke“. Diese Sichtweise stellt das gängige Verständnis von Stärke auf den KKopf. Statt Macht oder Dominanz als Maßstab für Männlichkeit zu setzen, betont Franz von Sales, dass wahre Stärke in der Fähigkeit liegt, sanft und barmherzig zu sein – eine Qualität, die in der heutigen Diskussion über Männlichkeit oft übersehen wird. Die katholische Lehre betont, dass der Mann eine besondere Verantwortung für die Führung in der Familie und in der Gesellschaft trägt. Diese Führung ist jedoch nicht autoritär, sondern dient dem Wohl der anderen.

Der heilige Paulus fordert in seinem Brief an die Epheser (Epheser 5,25):

„Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt hat und sich für sie hingegeben hat.“

Diese Führung verlangt Selbstlosigkeit und Opferbereitschaft, da der Mann dazu berufen ist, sein Leben für das Wohl seiner Familie und Gemeinschaft hinzugeben. Ebenso lehrt uns Heiliger Thomas von Aquin, dass wahre Freiheit darin besteht, sich nicht von egoistischen Ambitionen leiten zu lassen, sondern dem Willen Gottes zu folgen. Diese Hingabe an eine höhere Berufung steht im direkten Gegensatz zu den selbstzentrierten Idealen des „Alpha-Mannes“, die oft nur kurzfristige Erfüllung und oberflächlichen Erfolg bieten.

Die Balance zwischen Tradition und Moderne

Während die moderne Welt Männer ermutigt, sich auf eine Weise zu behaupten, die oft in Dominanz und Machtstreben endet, bietet die katholische Kirche eine alternative Vision: eine Männlichkeit, die sowohl die alten Tugenden als auch die Herausforderungen der Gegenwart aanerkennt. Josef Jung beschreibt treffend, wie die Verwirrung der Geschlechterrollen und der Verlust der natürlichen Ordnung zur Krise der Männlichkeit beitragen. Statt jedoch auf oberflächliche Lösungen wie das Phänomen des Alpha-Mannes zurückzugreifen, lädt die katholische Perspektive die Männer ein, tiefer zu gehen – zu den Wurzeln ihrer Identität, ihrer Berufung und ihres Glaubens. Der heilige Josef kann hier als großes Vorbild dienen. Er verkörpert die wesentlichen Aspekte der Männlichkeit: Verantwortung, Führung, Schutz und Fürsorge. Er war ein Mann des Schweigens und der Tat, der seine Familie durch seine Arbeit als Zimmermann und seine geistliche Führung ernährte und beschützte. Seine Bereitschaft, Gottes Plan auch in schwierigen und unsicheren Zeiten zu folgen, macht ihn zu einem Beispiel dafür, wie Männer ihre Berufung als Väter und Beschützer leben können.

Fazit

Während das Phänomen des Alpha-Mannes wie eine schnelle Antwort auf die Unsicherheiten und Herausforderungen unserer Zeit erscheinen mag, bietet die katholische Perspektive eine zeitlose Antwort: eine Männlichkeit, die nicht nur stark ist, sondern auch wahrhaftig, liebevoll und im Dienst einer höheren Berufung steht.

 

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