In einem neuen Interview hat Kardinal Robert Sarah erklärt, dass Papst Leo XIV. sich der Sorgen der Gläubigen bewusst sei, die an der traditionellen lateinischen Messe teilnehmen. Der ehemalige Präfekt der Gottesdienstkongregation sprach über die Notwendigkeit, jene Katholiken nicht weiter zu bedrängen, die die überlieferte Liturgie lieben und treu praktizieren.
„Wir schikanieren weiterhin bestimmte Leute“
In dem am Montag veröffentlichten Interview mit Tribune Chrétienne, das von Rorate Caeli aufgegriffen wurde, fand Kardinal Sarah deutliche Worte:
„Wir streiten weiterhin über die Liturgie, wir schikanieren weiterhin bestimmte Leute.“
Er warnte davor, den Gläubigen, die die traditionelle Messe besuchen, diese Form der Anbetung zu verwehren:
„Wenn wir uns die Christen ansehen, die heute praktizieren, sind sie diejenigen, die zur traditionellen Messe gehen. Warum sollten wir es ihnen also verbieten? Im Gegenteil, wir sollten sie dazu ermutigen.“
Sarah bestätigte, dass er mit Papst Leo XIV. persönlich über das Thema gesprochen habe:
„Ich hatte die Gelegenheit, es mit dem Heiligen Vater zu besprechen. Er ist sich dieses Kampfes bewusst. Er ist sich dieser Schwierigkeit bewusst.“
Er zeigte sich zuversichtlich, dass der Papst das Anliegen der “Traditionalisten” (Anmerk: Hier könnte man eher von Konservativen sprechen) ernst nehme und allen Katholiken gerecht werden wolle:
„Das wird auch geschehen, aber jeder muss Raum bekommen. Der Papst ist der Vater aller, eines jeden von uns. Er ist der Vater der Traditionalisten. Er ist der Vater der Progressiven, der Vater aller. Er kann seine Kinder nicht ignorieren.“
Sarah bezeichnete die Liturgiekrise als ein Symptom tieferer Glaubenskonflikte innerhalb der Kirche:
„Die Messe ist zu einem Schlachtfeld zwischen Traditionalisten und Progressiven geworden.“
Er stellte die Frage, mit welchem Recht man eine ehrwürdige Liturgie verbieten könne, die über Jahrhunderte hinweg organisch gewachsen sei:
„Warum müssen wir kämpfen? Warum dies verbieten? Warum jenes verbieten? Wer gibt uns dieses Recht? Wer gibt uns diese Macht?“
Zugleich erinnerte er an den einzigartigen Charakter der heiligen Messe:
„Es ist die einzige Zeit, in der der Mensch Gott von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht. Es ist die einzige Zeit, in der der Mensch in direktem Kontakt mit Gott steht, in der Gott ihm zuhört, in der er mit Gott spricht.“
Und er fasste zusammen:
„Wie wir glauben, so beten wir.“
Papst Leo XIV. selbst hatte das Thema kürzlich als „sehr kompliziert“ und „ein heißes Eisen“ bezeichnet. Zudem äußerte der Papst eine befremdliche Sichtweise auf die Riten, als kenne er die Unterschiede zwischen dem neuen und dem alten Ritus nicht. Er bestätigte, dass ihn bereits „eine Reihe von Anfragen und Briefen“ erreicht habe, äußerte sich jedoch bislang nicht zu möglichen Änderungen der geltenden “Regelungen”.
Die traditionelle lateinische Messe bleibt weiterhin stark “eingeschränkt” durch das Motu proprio Traditionis Custodes von Papst Franziskus sowie die späteren Maßnahmen von Kardinal Arthur Roche.
Kardinal Sarahs Worte werden vielerorts als Mahnung verstanden, den innerkirchlichen Frieden wiederherzustellen und die Gläubigen nicht zu spalten:
„Der Papst ist der Vater aller. Er kann seine Kinder nicht ignorieren.“