Die Krise der Kirche ist keine Frage des Ritus allein – sondern des Glaubens

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Es mag vielen Katholiken als Lichtblick erscheinen: Die überlieferte Liturgie, die sogenannte Alte Messe, könnte durch Papst Leo XIV. wieder breiteren Raum im Leben der Kirche gewinnen. Manche sprechen von einer “neuen Öffnung” gegenüber der Tradition, wie man es einst unter Benedikt XVI. erlebt hat. Doch wer meint, hierin liege bereits eine Lösung der Kirchenkrise, der irrt sich gewaltig – ja gefährlich.

Die Wurzel der Krankheit

Die eigentliche Wurzel der Krise ist dogmatisch und philosophisch. Die Liturgie ist keineswegs die Ursache, sondern der Spiegel. Die Neue Messe – die Missa normativa des Novus Ordo – ist Ausdruck einer neuen Theologie, einer neuen Anthropologie, einer neuen Kirche. Wie Papst Pius XII. in Mediator Dei bekräftigte:

„Denn die heilige Liturgie ist ganz auf Gott hingeordnet, in Ihm hat sie ihren Ursprung, durch Ihn wird sie genährt und zu Ihm führt sie den Menschen.“ (Mediator Dei, Nr. 20)

Wenn man nun – wie es unter Benedikt XVI. der Fall war – der Alten Messe wieder „mehr Freiheit“ einräumt, ohne aber die Irrtümer zu bekämpfen, die der Neuen Messe und dem gesamten Konzilsgeist zugrunde liegen, dann betreibt man eine gefährliche Dialektik. Es ist kein katholischer Weg, eine katholische Liturgie neben einer unkatholischen zu dulden. Das ist nicht sowohl als auch, sondern ja und nein, wahr und falsch – und damit modernistisch. Es erinnert an die hegelianische Dialektik, die These und Antithese nebeneinanderstellt und in einer “höheren Synthese” aufgehen lässt. Doch die Wahrheit Christi ist kein dialektischer Prozess. Sie ist identisch mit sich selbst in alle Ewigkeit.

Die sogenannte „Befriedung“ durch Gewährung des Alten Ritus kann vielmehr eine lähmende Wirkung entfalten. Katholiken könnten sich wieder – wie in den 2000er Jahren – an die Koexistenz zweier “Formen” der Liturgie gewöhnen, als wären beide legitim, gleich gültig, gleich wahr. Aber das sind sie nicht. Die überlieferte Liturgie ist katholisch. Die Neue Liturgie ist ein Bruch. Lex orandi, lex credendi – das Gesetz des Gebets ist das Gesetz des Glaubens. Wer anders betet, glaubt anders. Und wer die Neue Messe für katholisch hält, hat die Krise nicht verstanden.

Hinzu kommt: Wir hatten das alles schon einmal. Das Motu proprio Summorum Pontificum war gut gemeint – und doch ohne Bestand. Denn sobald ein Papst – etwa Franziskus – kam, der wieder voll auf den Kurs des Modernismus setzte, wurde alles wieder rückgängig gemacht. Der Weg des Konzils ist eben nicht nur pastoral, sondern tief ideologisch. Und solange diese Ideologie nicht überwunden wird, bleibt jede „liturgische Öffnung“ ein wankender Kompromiss – mit einem tönernen Fundament.

Die wahren Ursachen liegen tiefer

Wer sich mit der Krise der Kirche ernsthaft beschäftigt, erkennt bald: Es geht nicht bloß um die Form der Messe oder den Gebrauch von Weihrauch. Es geht um eine neue Sicht der Welt. Die konziliare Kirche hat eine anthropozentrische Perspektive angenommen, in der der Mensch, seine Freiheit, seine Erfahrung, sein Gewissen im Zentrum stehen. Die heilsnotwendige Wahrheit wurde relativiert. Der neue Glaube ist ein demokratischer Glauben – flexibel, weich, säkularisiert.

Die Pflicht zur Ausbreitung des Glaubens, wie sie einst selbstverständlich war, ist weitgehend verschwunden. Stattdessen gibt es Dialog, Schweigen über Irrtümer, Ökumene auf Kosten der Wahrheit. Christus soll nicht mehr der einzige Weg sein, sondern ein „bevorzugter“.

Ebenso wurde das Verständnis von Freiheit umgedeutet. Der Mensch soll sich selbst verwirklichen, nicht mehr der Wahrheit dienen. Die katholische Sicht hingegen ist klar, wie Papst Pius XII. sagte:

„Die wahre Freiheit besteht nicht darin, zu tun, was uns gefällt, sondern darin, das Recht zu haben, zu tun, was wir tun sollen.“ (Ansprache vom 6. April 1953)

Nicht zuletzt hat sich die Sicht auf die kirchliche Hierarchie verändert. Der Papst wird nicht mehr als Hüter der Überlieferung gesehen, sondern als Gestalter des Wandels. Bischöfe sind keine Apostelnachfolger mehr, sondern Manager eines Unternehmens Kirche. Und Priester – oft nur noch Animateure einer liturgischen Gemeinschaft.

Die tiefgreifendste Veränderung: Eine neue Religion

All dies kulminiert in einer erschütternden Erkenntnis: Es hat sich eine neue Religion gebildet – mit neuen Riten, neuen Dogmen, neuer Moral, neuer Spiritualität. Und sie steht nicht mehr im Einklang mit dem katholischen Glauben der Jahrtausende. Ein Krebsgeschwür. Das ist die tiefste Wunde der Kirchenkrise. Wenn wir sie nicht benennen, werden wir weiter auf Symptome starren, aber nie die Krankheit behandeln.

Natürlich: Sollte die überlieferte Liturgie wieder wachsen, kann es Vorteile bringen. Jeder wahre Ritus, jedes ehrfürchtige Messopfer kann Gnadenströme ausgießen. Aber wenn dies nicht verbunden ist mit einer Zurückweisung der Irrtümer des Konzils, mit einer Rückkehr zu Wahrheit, Autorität und Mission – dann bleibt es auf lange Sicht eine kosmetische Therapie. Und wir wissen, was mit kosmetischer Therapie geschieht, wenn ein neuer Papst sie nicht mehr will.

Der Kampf muss weitergehen

Die Tradition darf nicht zum bequemen Rückzugsort werden. Sie ist kein romantisches Refugium, sondern ein Schlachtfeld. Es ist nicht genug, dass wir „unsere“ Liturgie haben. Wir müssen die Kirche zurückgewinnen – für Christus, den König, den Hohenpriester, den einzigen Weg zum Vater.

Nur wenn die dogmatischen, moralischen und philosophischen Irrtümer benannt, bekämpft und überwunden werden, kann es eine wahre Reform geben – eine katholische Reform im Geiste der Päpste vor dem Konzil.

Bis dahin gilt: Standhalten, kämpfen, hoffen – in Wahrheit, Treue und Mut.

 

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