Im Sommer 1456 lag Belgrad unter schwerem Beschuss, die Hügel waren gespickt mit den mächtigen Geschützen des Sultans, der die Flusszufahrten sperren und die Mauern mit unaufhörlichem Feuer brechen wollte. Die Osmanen hatten Konstantinopel nur drei Jahre zuvor erobert und schienen unaufhaltsam; ihre Krieger waren kampferprobt, ihre Janitscharen gefürchtet, ihre Belagerungskunst meisterhaft. Fiel Belgrad, war der Weg nach Westen offen – Wien, ja sogar das Herz des Heiligen Römischen Reiches, wären bedroht gewesen. In der Stadt aber läuteten die Glocken, und das Volk betete unablässig. Vor den Toren sammelten sich Bürger, Bauern und Handwerker, angeführt von Johannes Hunyadi, einem erfahrenen Feldherrn und zugleich einem tiefgläubigen katholischen Mann. An seiner Seite wirkte der heilige Johannes Capistran, der Buße und Beichte predigte, zum Rosenkranz aufrief und den Menschen Mut zusprach. Diese Verteidigung war kein gewöhnlicher Kampf – sie war ein verzweifeltes, heldenhaftes Ringen einer kleinen Schar gegen die gewaltige Macht des Osmanischen Reiches.
Hunyadis Weg, Glaube und königliche Verbündete
Hunyadi, geboren um 1406/07 in Siebenbürgen, wuchs im Königreich Ungarn inmitten verschiedener Völker und Sprachen auf. Früh trat er in den Dienst des Königs und erlernte das Handwerk des Krieges. Unter König Władysław III. von Polen und Ungarn, einem jungen und idealistischen Herrscher, führte er den „Langen Zug“ gegen die Osmanen. Władysław und Hunyadi teilten den Glauben an die Pflicht, das christliche Europa zu schützen. Auch wenn Władysław 1444 in der Schlacht bei Varna fiel, bleibt sein Einsatz ein leuchtendes Beispiel für königlichen Mut und Opferbereitschaft.
Hunyadi selbst war tief im katholischen Glauben verwurzelt. Er besuchte treu die Messe, unterstützte Klöster und Hospitäler und sah in der Verteidigung des Landes einen Auftrag Gottes. Für ihn gehörten Beten und Kämpfen untrennbar zusammen, denn nur mit Gottes Hilfe konnte man einer solchen Übermacht standhalten.
Niederlagen, Prüfungen und unerschütterlicher Wille
Der Kampf gegen die Osmanen war lang und hart. Ihre Truppen waren zahlreich, ihre Angriffe schnell und zerstörerisch. Sie führten Raubzüge durch, brannten Dörfer nieder, verschleppten ganze Familien und setzten die Knabenlese (türkisch „Devşirme“) ein – eine staatlich organisierte Praxis, bei der in den eroberten christlichen Gebieten regelmäßig Knaben im Alter von etwa acht bis vierzehn Jahren zwangsweise aus ihren Familien geholt, zum Islam zwabgsbekehrt, militärisch oder administrativ ausgebildet und vor allem als Eliteinfanterie der Janitscharen eingesetzt wurden. Für die betroffenen Familien war dies ein tiefer und oft lebenslanger Verlust. Hunyadi erlitt Niederlagen wie 1448 auf dem Amselfeld, doch er gab nicht auf. Er verbesserte Kundschafter, Nachschubwege und Bündnisse und nutzte jede Gelegenheit, das Land zu sichern. Von 1446 bis 1453 war er Reichsverweser und hielt das Reich in schwieriger Zeit zusammen.
Rom und der Kreuzzugsgeist
Das Osmanische Reich bedrohte nicht nur Ungarn, sondern die gesamte Christenheit. Papst Calixt III. erkannte die Gefahr und stellte sich entschlossen hinter Hunyadi und das gesamte Unternehmen zur Verteidigung Belgrads. Er rief ganz Europa zum Gebet und Fasten auf, befahl das Mittagsläuten und verlieh dem Kampf den Charakter eines Kreuzzuges. Diese Unterstützung war geistlich entscheidend: Sie verband die Christenheit in einer gemeinsamen Sache, trug die Verteidiger im Gebet und gab dem Kampf eine Einheit, die über nationale Grenzen hinausging.
Belgrad 1456 – Heldentum am Tor zum Abendland
Als 1456 Belgrad bedroht wurde, rüstete Hunyadi eine Flotte aus, während Capistran die Menschen zum Gebet und Dienst rief. Zuerst brach Hunyadi die osmanische Flusssperre – eine waghalsige Aktion gegen eine überlegene Seestreitmacht. Dann folgten gezielte Ausfälle, die die feindliche Artillerie störten, Stellungen zerschnitten und die Moral stärkten. Unter sengender Sonne, inmitten von Rauch und Staub, hielten die Verteidiger stand. Am 22. Juli wagte Hunyadi den entscheidenden Gegenangriff, überrannte Geschütze, nahm das Lager und zwang den Rückzug. Belgrad stand, und vielerorts sang man ein Te Deum. Der Sieg stoppte den osmanischen Vormarsch nach Westen für Jahrzehnte und gab Europa Zeit, sich neu zu rüsten.
Vermächtnis eines katholischen Helden
Kurz nach dem Sieg raffte die Pest Hunyadi dahin. Er starb am 11. August 1456 in Zimony (Zemun) und wurde in der St.-Michaels-Kathedrale von Alba Iulia beigesetzt. Die Menschen nannten ihn den „Athleta Christi“ – den Streiter Christi. Dies war Ausdruck seines Lebens, in dem Gebet und Pflicht, kirchliche Bindung und staatliche Verantwortung zusammengehörten. Sein Sohn Matthias Corvinus wurde 1458 König und führte das Werk fort. Hunyadis Erbe lehrt, dass Beten und Handeln zusammengehören, dass Gerechtigkeit den Frieden schützt und dass die Kirche im Herzen jeder großen Aufgabe stehen sollte. Wer heute an die Mauern von Belgrad tritt, sieht nicht nur Steine und Wasser, sondern hört im Geiste das Mittagsläuten – ein Echo jener Tage, das uns mahnt, den Glauben zu halten, die Pflicht zu tun und die Menschen zu bewahren.
Quellen:
Bálint Hóman – Geschichte des ungarischen Mittelalters
Ludwig von Pastor – Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters