Im 9. Jahrhundert war Sizilien ein Glied in der Kette der katholischen Welt. Die Insel, gelegen zwischen dem lateinischen Abendland und dem byzantinischen Osten, war reich an Kirchen, Klöstern, Bischofssitzen und gottergebenen Gläubigen. Seit der Römerzeit war sie ein Bollwerk des Evangeliums – durchdrungen von der Liturgie, geprägt vom Mönchtum, geleitet von Bischöfen, die in Treue zum Papst standen.
Doch dann kam der Sturm.
Im Jahr des Herrn 827 landeten islamische Heere auf Sizilien – angeführt von den Aghlabiden, einer arabisch-muslimischen Dynastie aus Nordafrika. Es war keine friedliche Begegnung der Kulturen. Es war ein Krieg der Unterwerfung. Mit Feuer und Schwert fielen die muslimischen Truppen über die Städte her. Mazara war die erste Stadt, die fiel – ein Fanal. Palermo, einst eine blühende christliche Metropole, wurde nach erbitterter Belagerung im Jahr 831 eingenommen, und zur Hauptstadt eines neuen islamischen Emirats gemacht.
Die Invasion war brutal. Kirchen wurden zerstört oder in Moscheen umgewandelt. Reliquien wurden entweiht, Priester getötet oder versklavt. Katholische Männer, die sich weigerten, den Islam anzunehmen, wurden öffentlich enthauptet. Frauen und Kinder wurden verschleppt, viele in die Harems der Eroberer gebracht. Die Insel, einst Ort der Heiligen Messe, wurde zu einer Insel der Scharia. Wer nicht dem Koran folgte, war Dhimmi – unterdrückt, entrechtet, besteuert. Die Jizya (Sondersteuer für Christen) war drückend, und das katholische Leben verkümmerte unter dem islamischen Druck.
Das Emirat Sizilien war kein toleranter Vielvölkerstaat, sondern eine theokratische Kolonie des islamischen Dschihad. Über 200 Jahre lang lebten die sizilianischen Christen in Furcht, Abhängigkeit und Isolation von der katholischen Welt. Viele flohen in die Berge, andere verbargen heimlich ihren Glauben. Doch die Kirche überlebte – unterdrückt, aber nicht ausgelöscht. Und sie wartete auf ihre Befreiung.
Die Normannen – Ein neues Werkzeug Gottes
Im fernen Norden, in der rauen Landschaft der Normandie, wuchs zur gleichen Zeit ein Volk heran, das einst selbst als Krieger bekannt war – die Normannen, Nachfahren der Wikinger, getauft und nun flammend katholisch, durchdrungen vom Geist des Rittertums und der Kreuzzugsideale. Aus einer dieser Familien, dem Haus Hauteville, stammten zwei Brüder, die zur Geißel der Feinde Christi auf Sizilien werden sollten:
Robert Guiscard (um 1015–1085), der ältere, wurde Herzog von Apulien und Kalabrien, ein gefürchteter Feldherr.
Roger I. von Sizilien (um 1031–1101), sein jüngerer Bruder, ein Stratege und tiefgläubiger Katholik.
Papst Leo IX., später auch Gregor VII., sahen in ihnen ein Werkzeug göttlicher Vorsehung. Und tatsächlich: Die Brüder traten nicht als bloße Eroberer auf, sondern als Befreier des katholischen Volkes Siziliens. Ihr Feldzug begann im Jahr 1061, als sie mit einer kleinen, aber disziplinierten Armee von Rittern bei Messina landeten – und diese erste Stadt vom islamischen Joch befreiten.
Der Heilige Krieg beginnt
Der Krieg gegen das islamische Emirat auf Sizilien war kein schneller Sieg, sondern eine Serie harter, verlustreicher Kämpfe. Die mohamedanischen Emire hielten große Städte wie Palermo, Agrigent, Syrakus, Enna und Noto in fester Hand. Ihre Truppen waren kampferprobt, ihre Festungen stark, ihre Religion fanatisch. Doch die Normannen waren diszipliniert, entschlossen – und getragen vom Geist der katholischen Mission. Priester begleiteten das Heer. Messen wurden gefeiert vor jedem Feldzug. Beichte, Gebet und Eucharistie stärkten die Kämpfer.
1063 errangen die Brüder einen entscheidenden Sieg bei Cerami, wo ein zahlenmäßig weit unterlegenes normannisches Heer ein islamisches Heer von Zehntausenden schlug – ein Wunder, wie viele Chronisten berichten, unter dem Banner des heiligen Georg.
1072 fiel Palermo – nach über 240 Jahren islamischer Herrschaft. Roger zog feierlich ein, ließ Moscheen übergeben – nicht dem Feuer, sondern dem Weihwasser. Die Kirchen wurden wiedergeweiht, das Kreuz aufgerichtet, die Glocken läuteten erneut. Es war ein geistlicher Triumph.
Bis 1091 eroberte Roger auch die letzten mohamedanischen Bastionen im Südosten: Syrakus, Enna, Noto. Die islamische Herrschaft war gebrochen. Sizilien war wieder katholisch.
Wiederaufbau in Christus
Roger regierte als Graf von Sizilien, nicht als Tyrann, sondern als frommer christlicher Fürst. Er stärkte die lateinische Kirche, ließ Bischofssitze neu errichten, holte Benediktinermönche ins Land, förderte Liturgie und Bildung. Unter seiner Herrschaft wurden neue Kirchen gebaut, Klöster gestiftet, und der katholische Glaube erblühte erneut auf der Insel, die so lange geknechtet worden war.
Der Klerus wurde neu organisiert. Lateinische Riten ersetzten islamische Rechtsprechung. Der Papst ernannte neue Bischöfe, und Rom stand in enger Verbindung zu den neuen katholischen Herren. Die altehrwürdige Kathedrale von Palermo wurde dem heiligen Petrus geweiht. Die christlichen Feiertage wurden wieder offiziell begangen. Christus regierte wieder auf Sizilien.
Geistliche Bedeutung der Rückeroberung
Was die Reconquista für Spanien war, das war der Sizilianische Befreiungskrieg für Italien: eine Rückkehr zur Wahrheit, zur Eucharistie, zur Heiligen Schrift, zur Kirche. Roger I. war nicht nur ein Fürst, sondern ein Instrument göttlicher Gerechtigkeit. Die Normannen waren von Gott gerufen, das Unrecht der islamischen Gewalt zu beenden – nicht aus Hass, sondern aus heiliger Pflicht.
Der Kampf war blutig, aber gerecht. Er war kein Eroberungskrieg, sondern eine Wiederherstellung. Die Rückführung Siziliens in den Schoß der Kirche war ein Ereignis von europäischer Bedeutung. Viele Historiker sehen in der normannischen Rückeroberung den Beginn einer neuen katholischen Offensive gegen den Islam, die später in die Kreuzzüge mündete.
Die Geschichte Siziliens im 9. bis 11. Jahrhundert ist ein Zeugnis für Leid, Ausdauer, Glauben – und für den endgültigen Triumph Christi. Die islamische Invasion brachte Zerstörung, Demütigung und geistliche Finsternis. Doch Gott erhob aus der Ferne zwei Brüder, die als neue Makkabäer das Land retteten. Robert Guiscard und Roger I. waren Ritter im wahrsten Sinne – nicht nur dem König treu, sondern dem König aller Könige: Christus.
Sizilien wurde zurückgewonnen – nicht durch Diplomatie, sondern durch das Schwert im Dienst des Glaubens. Nicht durch Unterwerfung, sondern durch Gehorsam gegenüber dem Auftrag der Kirche. Ihre Geschichte erinnert uns daran, dass es Zeiten gibt, in denen Christen nicht nur beten und handeln müssen. Und wenn es Gottes Wille ist, stehen auch heute noch Männer auf, die den Mut haben, dem Unrecht zu widerstehen und das Kreuz zu erheben.